>>Der SV Friedersdorf trauert<<
10 Nov
>>Der SV Friedersdorf trauert<<
Denn von jemandem, der diesen Titel absolut verdient (und noch viel mehr), müssen wir uns schweren Herzens verabschieden. Unser Jürgen Hartmann, Vereinsmitglied seit über 60 Jahren (!), ist nach langer, schwerer Krankheit von uns gegangen.
Jürgen mit wenigen Worten zu beschreiben, ist einfach nicht möglich. Denn wie kaum jemand, hat er den SV Friedersdorf geprägt. Und das in verschiedenen Positionen. Er galt als ständig präsenter Ansprechpartner, Mentor und guter Freund von allen, die es mit dem SV Friedersdorf halten. Wenn es um wichtige Entscheidungen ging, war es Jürgen, den man als erstes um Rat gefragt hat. Er hat sich nie verbiegen lassen und seine Meinung hatte immer einen hohen Stellenwert. Deshalb schmerzt es umso mehr, in Zukunft auf seine Stimme verzichten zu müssen. Sicherlich war es in letzter Zeit krankheitsbedingt ruhiger um Jürgen geworden, aber ganz weg war er nie.
Jürgen hat seit den 1960ern beim SVF (damals noch BSG Chemie Friedersdorf) Fußball gespielt, damals noch in der Jugend. Sein Talent reichte wie bei vielen nicht für die ganz hohen Spielklassen, aber im Nachhinein betrachtet, war es für den SV Friedersdorf ein Glücksfall. Denn wer sonst hätte die Lücke, von der man damals nicht wußte, dass es sie gab, schließen sollen? So blieb er uns treu und konnte auch Einsätze im Männerbereich absolvieren. Doch gesundheitliche Gründe sorgten dafür, dass seine Spielerkarriere nicht von langer Dauer war.
Was macht man als ehemaliger Spieler, der zwar nicht mehr spielen kann, aber dennoch seinen Herzensverein gefunden hat? Man engagiert sich ehrenamtlich und hilft seinem Club somit weitaus besser, als man es als Aktiver je könnte. Neben seiner neuen Tätigkeit als langjähriger Schatzmeister (man konnte richtig gut mit Jürgen über Zahlen streiten, wobei es immer ein ungleiches Duell und eine Niederlage im Streit von vornherein absehbar war), blieb er dennoch auch dem Platz verbunden und zeigte als Schiedsrichter genauso viel Engagement, wie man es von ihm gewohnt war. Viele Spiele beherrschte er durch seine resolute, aber dennoch faire Beurteilung der Situationen. Wenn es jemanden gab, den Spieler und Trainer auf und neben dem Platz absolut respektierten, dann Jürgen.
Nach der Wiedervereiningung von Ost und West, wurde aus der BSG Chemie Friedersdorf, der noch heute bekannte SV Friedersdorf 1920 e.V. Und wer war einer der Gründungsmitglieder? Genau. Und in dieser Zeit hatte Jürgen auch maßgeblichen Anteil am Aufschwung des Fußballs im Verein.
Die Jahre 1998 – 2006 gelten als die bisher erfolgreichsten in der Vereinsgeschichte. Dazu braucht es die richtigen Spieler klar, aber auch jemand, der die entsprechende Mannschaft auch zusammen stellen kann. In führender Funktion als Abteilungsleiter Fußball, gebührt eine der größten Ehren Jürgen, denn er sorgte dafür, „dass der Laden läuft“.
Aber nicht nur der sportliche Erfolg war ein Steckenpferd von Jürgen. Auch kümmerte er sich mit anderen engagierten Mitgliedern um die infrastrukturelle Entwicklung und Veränderung des Vereins. Notwendige Umbaumaßnahmen oder das Bringen des Vereins auf ein modernes Level, konnten er und sein Team umsetzen.
Da im Laufe der Zeit, wie bereits erwähnt, sein Gesundheitszustand nicht mehr zuließ, dass er rund um die Uhr für den SVF tätig war, zog er sich immer etwas mehr zurück. Was vollkommen legitim ist, wenn man bedenkt, was der Verein ihm alles zu verdanken hat. Seine neu gewonnene Freizeit verbrachte er nun mehr im Profifußball, denn Jürgen war glühender Anhänger vom RB Leipzig. Mit seiner Familie besuchte er sehr gern die Heimspiele. Der Club aus der höchsten deutschen Spielklasse konnte aber den SVF nie ganz verdrängen. Bei Bundesligaspielen schaute er öfter auf sein Telefon um zu sehen, wie sein SV Friedersdorf gerade spielt. Alte Gewohnheiten legt man nie ab.
Doch auch wenn Jürgen immer seltener auf dem Sportgelände zu Besuch war, konnte man ihn jederzeit anrufen und sich auf einen Kaffee mit ihm treffen, um über die aktuelle Situation des SVF zu plaudern. Er wußte auch weiterhin über alles Bescheid, was im Verein vor sich ging und überraschte mit Sachen, die sein Gegenüber noch nicht wußte. Jürgen war in vielen Dingen eine inspirierende Person.
Was ihn in den letzten Jahren besonders begeistert hat, ist die Tatsache, dass durch unsere vielen Nachwuchsspieler in diversen Jugendmannschaften, die Zukunft des Vereins absolut gesichert ist. Noch größer, als die Begeisterung für das gute Abschneiden der Herrenteams, war die Entwicklung des Nachwuchs im Verein. Und dass sein Enkel auch im Verein spielt, war für Jürgen das i-Tüpfelchen.
Eine kleine Geschichte noch am Rande, die mich persönlich, damals besonders bewegt hat: Nach dem Ende der Saison 2023, als der schlechte Gesundheitszustand von Jürgen schon ziemlich weit vorgeschritten war und er auf einen Rollstuhl angewiesen war, wurde unser langjähriger Spieler René Reppert verabschiedet. Zwischen Jürgen und René bestand eine ganz besondere Beziehung. Jürgen hatte den allergrößten Respekt vor René und umgekehrt war es auch nicht anders. Als das Spiel vorbei war, ging René geradewegs auf Jürgen zu. Jürgen, schon sehr geschwächt, zeigte einmal mehr, wozu er in der Lage ist, wenn ihm Leute am Herzen liegen. Er stemmte sich ohne fremde Hilfe auf, um René für alles zu danken, um was er sich verdient gemacht hat. Solche Szenen sieht man sonst nur in Filmen, hier war es Realität. Und es war ergreifend, ohne Wenn und Aber. Ich weiß, dass René diesen Moment nie vergessen hat.
Jürgen, du wirst uns allen über die Maßen fehlen. Und das auf so vielen Ebenen. Als guter Freund, Mensch, Fan, Mentor, Mitglied, usw, usw.
Am 16.11.2024 werden unser Heimspiel im RBW Pokal gegen Pouch-Rösa bestreiten. Das ist ein Derby, was Jürgen sicherlich gefallen hätte. Aus gegebenen Anlass wird es vor dem Spiel eine Gedenkminute geben und unsere Mannschaft als Würdigung der Lebensleistung von Jürgen, standesgemäß mit Trauerflor spielen.
Wie ihr seht, für Jürgen muss man einen noch größeren Begriff als „Vereinslegende“ kreieren. Aber sollte man es auch? Ich kenne Jürgen als zu bescheiden, als das er sich darüber jemals Gedanken gemacht hätte. Also bleibt nur ein Wort, mit welchem man Jürgen und den SV Friedersdorf in Verbindung bringen kann:
Unvergessen...